Virginia City (Nevada)

Virginia City (Nevada)

06. Dezember

Hier auch keine Sonne. Stattdessen: minus 27 Grad. Ja, Grad, nicht Fahrenheit.
Habe auch zwei Mal gucken müssen. Dass das überhaupt geht.
Was nicht geht: Das Handy – zu kalt. Das Auto meldet zu wenig Luftdruck auf den Reifen – zu kalt. Und die Wimpernspirale klumpt – zu kalt. Also all die wichtigen Sachen. Dafür ist der Eiskratzer inzwischen erstanden; nur die Stiefel machen Probleme. Das kommt davon, wenn man in der Pampa Urlaub macht. Schuhe gibt’s hier nicht zu kaufen. Dafür ist Nevada der einzige Staat in den USA, der Bordelle erlaubt; findet man hier überall. Und Sex, das sehe ich ein, ist attraktiver als Deichmann. Kann ja nicht jeder abstinent leben. Was mich allerdings stutzig macht: In Nevada sind zugleich die Mormonen eine der mit am stärksten vertretenen Glaubensgemeinschaften – und Sex außerhalb der Ehe ist, so viel ich weiß, den Kollegen verboten. Keine Ahnung, wie das zusammen geht. Muss ich allerdings auch nicht verstehen. Meine Hürden wurden nicht so hoch gelegt. Sage nur: Knopf im Fahrstuhl.
Leg‘ mich wieder hin.

Und jetzt: Werbung!

Für Virginia City – doppelt und dreifach.

Reno ist das eine, Lake Tahoe das andere – und Virginia City ist: zauberhaft. Früher haben hier die Menschen Gold und Silber gesucht, Mark Twain war hier  – und hat sich als Reporter versucht, aber dann brach der ganze Boom wie ein (Kartenhaus ist doof) in sich zusammen. Boom to bust, sagt man hier. Virginia City ist eine von Hunderten von Geisterstädten in Nevada, sie alle teilen sich das gleiche Schicksal – allerdings schlägt man in Virginia City daraus erfolgreich Kapital. Der Ort ist restauriert, es gibt Museen – und unzählige Paraden und Rennen: Kamelrennen, Klohäuschen-Rennen, Motorrad-Rennen – und dann ist da noch Bonanza. Die TV-Serie wurde zwar nicht im Ort gedreht; aber die „Ponderosa“ der Cartwrights liegt – oder lag in unmittelbarer Nähe.
Mehr Infos: www.visitvirginiacitynv.com

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Wo schlafen?

Getestet:  „Gold Hill Hotel“. Es ist nach Angaben der Betreiber Nevadas ältestes Hotel, erbaut 1861. Die Preise: Ungeschlagen; ab 45 Dollar die Nacht, das Essen: überraschend gut. Zu verdanken hat man das Serge, dem Chefkoch. Serge ist Franzose und in Monaco aufgewachsen, ist dann aber emigriert. Gut fürs Hotel, überhaupt gut. Und dann gibt es neben einer Bar mit 120 verschiedenen Getränken noch Victor; früher Boxer, dann Butler bei John Wayne – und jetzt: Als Kellner wichtiges Mitglied dieses wunderbaren Hauses.
Infos: www.goldhillhotel.net

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Blick aufs Hotel.

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Blick ins Zimmer.

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Blick aus dem Zimmer.

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Im Haus soll es übrigens spuken: Ursache dafür soll ein Brand in der Silber-Mine nebenan gewesen sein. Über 50 Männer starben – ihre Seelen irren jetzt durch die Geschichten. Es soll Hotelgäste geben, die nachts Zigarrengeruch wahrnehmen – oder Rosenduft; mir blieb das erspart.

Zuletzt getroffen:

Firdous Ahmad. Firdous stammt aus Kaschmir und lebt seit 27 Jahren in den Staaten. Er hat seiner Heimat den Rücken gekehrt, weil es dort für ihn zu gefährlich wurde. In Virginia City gehört ihm ein kleiner Laden, dort verkauft er Schals, Stoffe – nur keine Stiefel. Firdous kann innerhalb einer Minute sein ganzes Leben erzählen, sein Lieblingsatz: „Das Leben ist so kurz, man soll es genießen.“

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Redet ohne Komma – und punktet mit Gastfreundlichkeit: Firdous Ahmad.

Außerdem:

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Clayton Mitchell. Ebenso herzlich – und bestens informiert über die Geschichte Virginia Citys. Dabei stammt er aus Kalifornien; er ist Mormone – und er hat mir erklärt, woran man seine Glaubensbrüder erkennt: „Immer große Familien, immer viele Kinder.“ Er selbst hat drei, aber das ist wohl noch nicht das Ende. Gerade hat er sich ein Haus in Virginia City gekauft, seine Frau überlegt, dort die Kinder selbst zu unterrichten. Clayton ist 38, früher hat er auf Hochzeiten als DJ gearbeitet – heute versucht er, die Menschen von der Schönheit und Einzigartigkeit der Region zu überzeugen. Etwa: „Warum am Lake Tahoe übernachten? Hier ist es viel billiger, viel ruhiger – und in 45 Minuten ist man auch am See.“
Von ihm gelernt: Root Beer ist gar kein Bier – sondern eine Art Brause. Mit Vanilleeis: angeblich der Hammer.