Grand Canyon - und Williams (Arizona)

Grand Canyon – und Williams (Arizona)

25. Oktober

Die Frage am Eingang zum Nationalpark hätte mich stutzig werden lassen sollen. „Sind Sie sicher, dass Sie reinwollen? Wir können den Eintritt nicht erstatten.“ Ich wusste ja, dass es nicht das beste Wetter war. Erst Regen im Tal, dann Schnee mit jedem weiteren Meter, Sturm  – und eine Wolkendecke träge und dick, als wollte sie sich auf die Erde legen.
Ich war am Grand Caynon, ich hatte ihn fast für mich allein; man sollte aufpassen mit seinen Wünschen.

Im Grand-Canyon-Bus, der einem von einer Aussicht zur nächsten fährt, saßen fünf Leute; sie waren ausgerüstet, als wollten sie zum Südpol. Der Fahrer nannte uns crazy – und draußen riss der Wind an den Bäumen, die Sonne versteckte sich vor seiner Wut, ich guckte zweifelnd auf meinen dünnen Plastik-Regenponcho für einen Dollar; kneifen wegen schlechten Wetters? Ging nicht. Ich konnte nicht mehr zurück; manchmal ist man in sich selbst gefangen.

Seit Wochen etwa fahre ich vier Dosen Bier durch Amerika. Ich schleppe sie die Hotelzimmer rauf, ich schleppe sie wieder runter. Es ist mir peinlich, wenn die Leute mich beim Einchecken mit den Dosen sehen, aber ich bringe es nicht übers Herz, sie wegwerfen. Ich hatte sie gekauft, weil ich an einem heißen Tag plötzlich Appetit auf ein Bier verspürte – und sechs waren hochgerechnet billiger gewesen als eine Dose. Dabei mag ich eigentlich gar kein Bier, doch ich konnte nicht aus meiner Haut; wahrscheinlich bin ich zu geizig. Oder Alkoholiker, ich muss nochmal darüber nachdenken.

Einmal im Leben sollte man den Grand Canyon sehen, heißt es. Ich weiß nicht, ob mein Mal zählt.
Ich hatte mir ängstlich vorgestellt, wie ich mich mit Hunderten um den Abgrund dränge, ein Foto und schnell weg.
Jetzt war nicht mal jemand da, der von mir ein Bild machen konnte.
Es war kalt. Es war stürmisch. Es gab keine Aussicht.
Tut mir leid. Das hatte ich nicht gewollt.

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Experiment Grand Canyon – und ein leerer Parkplatz.

Zuletzt getroffen

Das ist John, John W. Holst; ich bin für immer in seiner Schuld; er hat mir aus einer sehr unangenehmen Situation geholfen – ich konnte seine Rechnung nicht bezahlen.

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John ist der Besitzer des Red Garter in Williams; ein hübsches kleines Bed & Breakfast, eine Stunde entfernt vom Grand Canyon gelegen. Ich hatte in seinem Haus zwei Nächte verbracht – und kurz vor Abreise wollte ich bezahlen – doch die Kredit-Karte funktionierte nicht.

Es gehen einem in solch einer Situation ziemlich viele Dinge durch den Kopf; es sind nicht die besten. Ich stellte mir vor, wie ich das Ende meiner Reise verbringen würde. Hungernd. Ohne Geld. Ohne Illusion. Großspurig ausgezogen in die weite Welt, geschlagen zurückgekehrt, ein Ritter der traurigen Gestalt.

John brachte mich auf die Idee, den Kontakt zur Bank zur suchen; er lieh mir sein Telefon – und in Deutschland wurde mir dann versichert, alles bis zum nächsten Tag in Ordnung zu bringen. Entschuldigung. Abstimmungsfehler.
Da ich meine Abreise jedoch nicht verschieben konnte, verzichtete John auf das Geld – und auf das Angebot, später die Rechnung begleichen zu wollen.

Danke, guter Mann. Und ein Grund mehr, auf sein Haus hinzuweisen.

John – gelernter Tischler –  hatte das Red Garter in einer Zeit übernommen, als allenfalls zu erahnen war, welche Anziehung der Grand Canyon auf die Touristen mal haben würde. Er kaufte es 1979, mehr Rudiment als Haus – und machte daraus im Laufe der Jahrzehnte ein wunderbares kleines Hotel. Vier Zimmer, an der Route 66 gelegen, mit hübschem Bistro. In seinem ersten Leben war das Red Garter ein Mix aus Warenhaus – und Bordell, erbaut übrigens von August Tetzlaff, einem Deutschen, doch seine Geschäfte liefen nicht gut, heute ist das Red Garter in besseren Händen.
Also: Hinfahren, John besuchen, grüßen – bestimmt freut er sich.

Wo schlafen?
Getestet: Red Garter, 137 Railroad Avenue, Williams AZ 86046
Infos: https://redgarter.com/the_red_garter_bed_and_bakery.html

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Blick ins Red Garter.

Außerdem:

Immer noch auf dem Country-Trip – noch immer gut zum Autofahren
Kenny Rogers/Dolly Parton.  You Can’t Make Old Friends.

http://de.musicplayon.com/play?v=864428