Irgendwo in Florida

Irgendwo in Florida

06. Oktober

Ich bin heute 800 Kilometer Auto gefahren, eben mal so, das ist hier normal; Amerika ist ein großes Land, man ist viel unterwegs, und zum ersten Mal hörte ich während der Fahrt sogar Radio; ich werde leichtsinnig.

Irgendwann bekam ich Hunger; ich war früh aufgestanden, und weil ich die Kultur der Einheimischen kennenlernen wollte, hielt ich an einem Café, es hieß „Norman“ wie der Killer in „Psycho“, ich hielt mich für mutig. Kein Mensch war zu sehen, ein bisschen war es wie in dem Film „Out of Rosenheim“, in dem Marianne Sägebrecht mutterseelenallein mit Handtasche und Koffer in der Wüste Kaliforniens landet. Ich habe Marianne Sägebrecht vor Jahren zum Interview getroffen; sie dürfte die einzige Frau sein, die noch mehr redet als ich.

Ich wollte ein Käse-Sandwich; ich ging ins Café, die Dinge nahmen ihren Lauf.

Ich: Ich hätte gern ein Käse-Sandwich.
Die Kassiererin: Wollen Sie Frühstück oder Lunch?
Ich: Ich hätte gern ein Käse-Sandwich. Macht das einen Unterschied?
Die Kassiererin: Frühstück haben wir nicht mehr; jetzt gibt es Lunch.
Ich: Kann ich das Käse-Sandwich als Lunch haben?

Es sollte ein Witz sein, ich wollte nett sein, die Verkäuferin verstand mich nicht, sie lächelte nicht einmal; das Gespräch nahm eine ungünstige Richtung. Neben ihr war ein Buffet aufgebaut, darin das übliche amerikanische Essen. Pie, Brei, Chips, Fleisch, alles viel, alles fettig. Ich hätte davon etwas bestellen können, aber ich wollte nicht, ich wollte ein Käse-Sandwich, außerdem tue hier immer so, als wäre ich Vegetarier. Hier ist niemand Vegetarier. Wenn man das sagt, verunsichert man sie.

Ich ging ohne Käse-Sandwich. Stattdessen kaufte ich einen Kaffee, obwohl ich den Kaffee hier nicht mag. Er schmeckt wie schwarzer Tee; und wenn man Milch dazu gibt, wird es noch schlimmer.

Es lief also schlecht.

In einer Tankstelle versuchte ich es wieder. Wieder ein Buffet, wieder mit dem üblichen Essen. Pie, Brei, Chips, Fleisch, alles viel, alles fettig. Aber, immerin, es gab Sandwiches.

Ich: Ich hätte gern ein Käse-Sandwich.
Die Verkäuferin: Alles Sandwiches sind mit Käse.
Ich: Ja, aber ich hätte gern ein Sandwich nur mit Käse, also eines ohne Fleisch, verstehen Sie.

Man konnte die Zeiger auf der Uhr ticken hören. Der Raum hielt den Atem an. Draußen vor der Tür strich der Wind über die Straßen. Alles sah gespannt auf die Verkäuferin. Es war kurz vor 12, es war high noon; ich und mein blödes Käse-Sandwich.

Ich bekam mein Käse-Sandwich.
Nicht mehr, nicht weniger.
Das Brot war weiß und ungetoastet, es war trocken, ohne Tomate, ohne Salat. Mittendrin eine rosafarbene Scheiblette.

Ich hatte mich nicht unterkriegen lassen.