Memphis (Tennessee)

Memphis (Tennessee)

28. Oktober

Man ist ja etwas verunsichert, wenn man in fremde Städte kommt. Zumal, wenn man allein reist, zumal, wenn jeder warnt, sogar die, die hier zu Hause sind. Und jetzt also Memphis, laut Statistik Platz 2 der gefährlichsten Großstädte in den USA.

Wochenende, früher Nachmittag, Downtown, breite Straßen, kein Mensch zu sehen. Seltsame, bedrückende Stille.
Das Unbehagen wächst, die Tasche wird weiter um den Hals geschlungen; die ersten Obdachlosen, einer erbricht sich im Papierkorb, ein anderer hat ein blutendes, geschwollenes Gesicht; man spürt ihre lauernden Blicke, man denkt an Umkehr.
Aber das kann es doch nicht gewesen sein. Blues. Elvis. B. B. King. Die ganze Legende.
Also weiter.
Und man lernt mit jedem Meter: Memphis hat zwei Seiten.
Leere Bürotürme und Häuser-Wracks Downtown, und viel Musik und viel Kunst Midtown. Irgendwo hakt es eben immer.
Jetzt sitze ich im „South of Beale“, ordere einen Salat; 100 Meter von hier findet gerade das RiverArtFestival statt. Ein Volksfest mit über 50-Life-Bands in drei Tagen, wie ich dem Internet entnehme. Und dort steht auch, dass Memphis‘ Innenstadt nach der Ermordung von Martin Luther King verwaiste; die Leute zogen wegen der Straßenkämpfe und Auseinandersetzungen ins Umland, der größte Teil des Stadtzentrums brannte damals ab; mit den Folgen lebt man noch heute – und setzt zeitgleich viel für ein neues Memphis in Bewegung. Mehr Geld für Schulen. Mehr für Arbeit. Mehr Geld für Bildung.

Ein Paar neben mir trinkt eine Flasche Sekt. Es schaut hoch, als ich bestelle.
Er fragt: „Irre hier, nicht wahr?“
Ich schaue ihn an, überlege – und nicke.
Mit dieser Stadt bin ich noch nicht am Ende.

memphis5

Was machen?

Musik gucken; Musik hören – in der Beale Street.
Etwa im B & B King.
Oder einfach irgendwo im Park, irgendwo auf der Straße.
Der Mann hier unten links nennt sich: Blind Mississippi Morris; Blues, wie es im Buch steht.

memphis1memphis6

Unbekannte Straßenmusiker.

Außerdem:

Das Civil Right Museum über die Geschichte der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung.
Angeschlossen:
Das ehemalige Lorraine Motel. Ein Kranz erinnert an die Stelle, an der Martin Luther King erschossen wurde.
Infos: www.civilrightsmuseum.org.

memphis10

Graceland

Elvis‘ Anwesen. Im Alter von 22 Jahren kaufte er das Grundstück und lebte dort bis zu seinem Tod. Eher bescheiden für heutige Verhältnisse – und überraschend unkitschig.
Auf dem Grundstück befindet sich auch sein Grab.
Ein Besuch: Nicht ganz billig, nicht ganz leer – aber irgendwie ein Muss.
Infos: www.elvis.com/graceland/

memphis11

 

Wo schlafen?

Getestet: das Sheraton Memphis Downtown Hotel. Sehr zentral. Und angenehm unaufdringlich. Solides Mittelklassehotel. Überraschend: das Frühstücks-Buffett. Beinahe europäisch.
Infos: www.starwoodhotels.com

Fortsetzung: Tonys‘ five favorite blues and jazz musicians

Stevie Ray Vaughan
Albert Collins
Gary Clark Jr.
Charlie Parker
Louis Armstrong

Und zur Belohnung für die Mühe: hier die aktuelle Platte „The Double Intenders“.
Infos unter: www.doubleintenders.com

DI Album Cover

Nachtrag:

Nach Rückkehr ins Hotel Überraschung: Normalerweise verschließe ich meinen Koffer mit allen Papieren, Rechner, Flugtickets vorm Verlassen des Zimmers. Diesmal hatte ich vergessen – er stand noch weit geöffnet auf dem Bett.
Nichts fehlte. In Memphis.