Nachtrag 3 – Zugfahrt Seattle Chicago
24. Dezember
14 Uhr
Ruhig. Sehr ruhig, meine Zugfahrt. Keine Leute an Bord. Keine Leute draußen. Auch das Bord-Personal macht sich rar. Am Nachmittag werden mir verschiedene Weinproben gereicht. Entweder, haben die meinen Blog gesehen oder die wollen ihre Ruhe. Und weil sonst nichts passiert, der Tagesablauf in Stichpunkten:
Schlafen.
Fenster gucken.
Schlafen. Sagte ich schon. Muss am Wein liegen.
Fotografieren.
Nägeln feilen.
Nägel lakieren.
Duschen.
Foto-Archiv sortieren.
Schlafen.
Suche Kontakt. Das einzige Paar sitzt im Nebenabteil, vermutlich Japaner, vielleicht auch Koreaner, Chinesen, Vietnamesen, wer weiß das schon. Wollen keinen Kontakt. Verschließen die Tür. Ansonsten keiner da. Dann eben nicht.
16 Uhr.
Dunkel.
Alle Nägel lakiert.
Nachbarn wollen noch immer keinen Kontakt. Bordpersonal taucht wieder auf. Überreicht Flasche Wein. Merry Christmas, my dear.
Irgendwann:
Bett.
Stille Nacht
25. Dezember.
Ausgeruht wie lange nicht.
Zug inzwischen beinahe zwei Stunden Verspätung. Ansonsten keine weiteren Vorkommnisse. Draußen: Straßen, Häuser, Autos – alles verborgen unter Schneedecke, nur der Gestapo-Ton aus dem Lautsprecher nervt. Frau mit schwerem Akzent, vermutliche aus der Ukraine, verkündet minütlich, dass jetzt wirklich, wirklich Last-Call sei für Frühstück, für Mittag, für Abend.
Räume meine Sachen zum 5., zum 6., zum 10. Mal. Was könnte man sonst noch tun? Schuhe putzen, ja, Schuhe putzen, herrlich. Und noch ein Erfolgserlebnis. Entdecke, wie man im IBook das Lesezeichen setzt. Wäre dann bereit für den Wissenschaftspreis.
Lege mich zufrieden ins Bett – und stehe erst mit Ankunft in Chicago wieder auf.
Ankunft nach zwei Nächten, drei Tagen und 3200 Kilometern: Drei Stunden Verspätung. Lächerlich.
Zugtour in Bildern:
North Dakota.
Driving home for Christmas.