Irgendwo in Texas
03. November
Ich hatte mich insgeheim ja leise gewundert.
Gestern, beim Einchecken. Als der Mann an der Rezeption sagte, ich wäre wohl einen Tag zu früh dran. Aber ich hatte gar nicht richtig zugehört; hinter mir lag wieder eine siebenstündige Autofahrt; lass ihn reden, dachte ich.
Dass die Tickets fürs Football-Game nicht hinterlassen wurden, schob ich aufs amerikanische „Laissez–faire“.
Dass meine Verabredung nicht erschien, ebenso; ich war ganz froh; hatte ich etwas Zeit für mich.
Dass beim Surfen im Internet stand: „Dax schließt schwächer“ – fand ich zwar etwas seltsam; so mitten am Tag, zum Wochenstart. Aber ich schob es zunächst auf einen Feiertag in Deutschland, dann, bei näherer Betrachtung, darauf, dass jemand; kann ja passieren, in der Online-Redaktion das Wort „schließt“ mit „eröffnet“ verwechselt hatte. Ich fragt mich, wann sie den Fehler wohl bemerken würden, diese Schlafmützen.
Als die Nachrichten dann allerdings einen sonnigen Sunday verkündeten, wurde ich unsicher.
Ein Rückblick? Auf den Wetterbericht? Warum?
Ich habe eine sehr lange Leitung. Und wie es aussieht, wird sie mit den Jahren nicht kürzer.
Ich bin als Kind mal ungebremst gegen eine Glastür gerannt. Alle lachten damals.
Aber wahrscheinlich hat es damit etwas zu tun.
Genau weiß ich es nicht.
Ich schlich zur Rezeption; hinter dem Tresen derselbe Mann. Er lächelte.
„Was für einen Tag haben wir heute?“, fragte ich mit dünnem, demütigem Stimmchen.
„Sonntag“, sagt er.
„Nicht Montag?“, fipste ich.
Er lächelte weiter, beinahe glücklich.
Er sagte nichts mehr.
Himmel, hilf.
Ich werde bald Hilfe brauchen.
Zuletzt getroffen
Jim (68) und Laurie Fewell (39). Vater und Tochter aus New Orleans.
Er: Hat früher als Barkeeper im Fairmont Hotel (jetzt Roosevelt) gearbeitet. Das Haus muss so etwas wie eine Legende in New Orleans gewesen sein. Alles was Rang und Namen hatte, stieg dort ab – und betrank sich bei ihm an der Bar. Der „Blue Room“ war einer der ersten Nachtclubs in den USA. 15 Jahre stand Jim hinter dem Tresen, dann wechselte er, genug ist genug, in die Tourismus-Branche. Jetzt ist er Manager bei Gray-Line; Gray-Linie bietet verschiedene Touren durch New Orleans an. Mit dem Boot. Mit dem Bus. Zu Fuß. Und Jim war es auch, der mich auf die Idee für die Katrina-Tour brachte. Wie übrigens so viele Amerikaner hat er als Soldat in Deutschland gedient; in Büren nahe Frankfurt. Und er war in Vietnam. Weil er musste, wie er sagt; weil sich dem Dienst nur entziehen konnte, wer reich oder krank war.
Von ihm gelernt:
„Sazerac“, ein Cocktail-Klassiker. Tranken damals alle.
Rezept: http://cocktails.about.com/od/s/r/szrc_cktl.htm
Sie: Ist Künstlerin. Und ein Stück weit wohl auch Überlebenskünstlerin. Weil sie beim Film arbeitet und dort nicht das große Geld verdient, hält sie sich mit Gelegenheitsjob über Wasser; unter anderem wie einst der Papa an der Bar. Aber eigentlich malt sie Film-Kulissen; das hat sie studiert.
Lauries Lache ist einmalig: Klingt wunderbar verdorben, als habe sie schon als Kind sämtliche Cocktails ihres Vaters ausprobiert. Zwei Mal war Laurie für längere Zeit in Berlin; 3 Monate und ein Jahr – und spricht aus dieser Zeit noch etwas deutsch.
Von ihr gelernt:
New Orleans nennt man auch „Hollywood of the South“. Zum einen, weil die Stadt selbst häufig als Kulisse für Film-Produktionen dient, zum anderen, weil hier hinter geschlossenen Türen viel gedreht wird, da die Produktionskosten günstiger sind als in Los Angeles. Lauries letzte Arbeit: „Maggie“; ein Film mit Arnold Schwarzenegger. Kommt aller Wahrscheinlichkeit in einem Jahr ins Kino. Laurie über Schwarzenegger: „Er ist ein halbes Hemd.“
Hallo, verfolge deinen Blog von Anfang an, hast ja schon `ne Menge erlebt.
Wegen der Verwechslung: Mir geht`s ja schon nach 1Woche ohne Arbeit so
daß ich den Wochentag nicht mehr weiß. Also mach dir nichts draus ist nach 5 Wochen ganz normal.
Liebe Grüße aus dem Havelland