Arizona
20. November
Ich ging ins Tankstellenhäuschen – und sagte an der Kasse: „30 auf 6.“
Gemeint waren 30 Dollar für Zapfsäule 6; es ist das übliche Procedere.
Ein Wort, zwei Zahlen, mehr hingeworfen als überlegt, kein großes Gespräch also, doch die Frau hinter dem Thresen sagte zu mir:
„Dein Akzent ist wunderbar. Bitte niemals verlieren.“
Ich brauchte ein paar Sekunden, um mich zu fassen.
30 auf 6. Ein Wort, zwei Zahlen. Nicht mal ein Satz.
Ich bin seit sieben Wochen in den Staaten unterwegs; ich tue alles, um möglichst nicht aufzufallen. Ich trainiere hart an meinem R-Sound, ich trainiere überhaupt hart, einen vernünftigen Satz zu formulieren. Ich will keinen wunderbaren Akzent.
Die Frau lachte.
Vor ein paar Tagen erzählte mir Brent aus New Mexico; dass seine Vorfahren mit Nachnamen Kanop hießen – und sie vermutlich aus Deutschland stammen. Kanop; für mich klang das eher holländisch, das sagte ich ihm auch; er guckte ganz traurig. Hier wollen alle immer irgendwie deutsch sein.
Brent ließ das keine Ruhe, und an unserem letzten Tag erzählte er mir, dass er im Internet recherchiert habe; es sei sehrwohl deutsch – und zeigt mir stolz auf dem Handy das Ergebnis. Brent hatte recht.
Allerdings hieß seine Familie nicht Kanop, wie er immer sagte, sondern Knoop. Er konnte es nur nicht richtig aussprechen. Aus Knoop wurde Kanop. Wir probierten immer wieder – er schaffte es nicht. Ich lachte.
Ich weiß nicht, wie es klingt, wenn ich „30 auf 6“ sage. Ich habe gelesen, dass Deutsche, die sich eine zeitlang in Amerika oder England bewegen, nachts englisch träumen. Ich träume davon, dass mir die Haare ausfallen. Vielleicht ist das das Problem.
Wenn ich mich bei Leuten hier für mein Englisch entschuldige, antworten sie: „Oh, dein Englisch ist besser als mein Deutsch.“ Sie wollen mich aufmuntern, ich lächle tapfer, obwohl ich weiß, dass sie nicht mal meinen Vor-Namen in den Mund nehmen können, ohne ihn zu zerkauen, und aus Ikea machen sie Eikia als wäre es eine asiatische Kampfsportart.
„30 auf 6.“ Rien ne va plus. Nach einer Sekunde.
Es ist so unbefriedigend.
Und jetzt: Werbung“!
Für Arizona.
Es tur mir leid, aber ich kann hier nicht mehr weg; ich bin im Paradies gelandet.
Ich sitze in der Wüste. Kakteen, Kojoten, sonst nichts, es ist – wunderbar. Arizona ist nach wenigen Augenblicken unseres Zusammentreffens auf Platz eins meiner Favoritenliste gerutscht. Abgeschiedenheit. Berauschend schöne Natur. Und den Grand Canyon habe ich noch nicht mal gesehen. Ich könnte bis zum Rest meiner Tage in die Wüste starren.
Warum haben wir in Deutschland bloß so viel Wasser?
Vielleicht finden wir Arizona so toll weil es so 100 % „converse“ zu unserer Landschaft ist.
Gerade in dieser Jahreszeit würde ich auch lieber die Sonnencreme in die Hand nehmen anstelle eines Schneeschiebers !
Have a nice day! 🙂
I have really enjoyed following your exploits. With the major exception of your problems with your rental car, things seem to be going OK. I also think you are catching on to the idea that just because it’s not the German way doesn’t mean it’s wrong (Eikia is at least as valid as Ikea), something I have to tell myself every day after over forty years living in Lübeck. Different, not right or wrong. A pity you slipped out of the NFL game. And while I’m at it, visiting America as a vegetarian is like visiting Germany as a teetotaler. It can be done but you miss out on half of the „culture“! Take care and have a good trip home.
Joe Turpin