Irgendwo in Tennessee

Irgendwo in Tennessee

24. Oktober

Ich kann nicht singen, ich bin kein Rockstar; dennoch wohne ich beinahe jeden Tag in einem anderen Hotel.
Jetzt etwa sitze ich in einem Zimmer, von dem ich nie für möglich gehalten hätte, dass so etwas existiert. Ich will keine Namen nennen; aber die Stadt, in der ich mich befinde, zählt zu den angeblich kriminellsten in den USA; vielleicht hat mein Raum deswegen keine Fenster und das Bad eine feuerfeste Tür. Dafür hat das Zimmer acht Lampen und ein Bett, bei dem man, wenn ich das richtige verstanden habe, die Matratzenstärke einstellen kann. Ich habe es ausprobiert; nach zehn Minuten Rumhantieren mit der Fernbedienung gab ich mich geschlagen.
Ich bin auch so zufrieden mit meiner Matratze.

Ich habe auch schon in einem Hotel geschlafen, wo im Frühstücksraum zwei fußballfelder große Fernseher im Abstand von zwei Metern aufgehängt waren. In beiden liefen unterschiedliche Programme, beide waren laut gestellt, ich saß dazwischen. Als ich für einen Augenblick allein war, versuchte ich, einen der Apparate leiser zu stellen; leider ging er ganz aus – und zwar genau in dem Augenblick, als die Frau von der Rezeption vorbeikam. Ich tat dann so, als hätte ich in meinem Leben noch nie einen Fernseher gesehen, machte murmelnd ein interessiertes Gesicht und zog mich auf meinen Platz zurück. Ihren Blick werde ich nie vergessen.

Ein paar Tage später versuchte in einem anderen Hotel, auf meinem Zimmer im Fernseher ein Programm  zu finden. Ich hatte zwei Fernbedienungen, am Ende aber waren nicht nur die Programme verstellt; ich musste den Stecker ziehen, weil ich nicht wusste, wie ich hätte sonst das Menü beenden können. Beim Ausschecken verlor ich kein Wort darüber. Ich hatte keine Ahnung, wie ich das erklären sollte; manchmal fühlt man sich so hilflos.

Gerade habe ich in meinem fensterlosen Zimmer das Wasser zum Klo abgestellt. Vermutlich ist es keine gute Idee; aber jedes Mal, wenn einer meiner Nachbaren die Toilette benutzt, hat man den Eindruck, als würden die Russen wieder mit einem Panzer durch den Ort fahren. Wegen des abgeklemmten Hahns gibt es in diesem Moment wahrscheinlich einen gigantischen Wasserstau; die Rohre werden platzen, die kriminellste Städte aller Städte wird überschwemmt, ich aber werde hinter meiner feuerfesten Tür im Bad sitzen und so tun, als wäre alles ganz normal.

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Leser fragen, der Blog antwortet

Leserin Andrea T. möchte wissen: Verfährst du dich oft?
Antwort: Immer dann, wenn das Navi versagt. Also: Ja.

Außerdem will sie wissen: Hast du eine feste Route oder sind die Örtchen egal?
Antwort: Egal nicht, aber zunehmend stelle ich fest: Es wird immer dort schön, wo man es nicht erwartet.

Leserin Petra H. will wissen: Gibst du wirklich 100 Euro für ein B & B aus?
Antwort: Manchmal mehr; manchmal werde ich eingeladen.

Leser Heinrich K. will wissen: Wie viele Leserbriefe und Reaktionen bekommen Sie denn so im Durchschnitt pro Tag?
Antwort: Sage ich nicht.

Leserin Andrea B. fragt: Schon mal auf die Essgewohnheiten der Amis geachtet? Oder das Verhalten am Strand?
Antwort: Beim Strand muss ich passen.

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